Der Wiener Kreis, eine Gruppe von rund drei Dutzend WissenschaftlerInnen aus den Bereichen der Philosophie, Logik, Mathematik, Natur- und Sozialwissenschaften im Wien der Zwischenkriegszeit, zählt unbestritten zu den bedeutendsten und einflußreichsten philosophischen Strömungen des 20. Jahrhunderts. Gemeinsames Ziel dieses aufklärerischen und pluralistischen Diskussionszirkels war eine Verwissenschaftlichung der Philosophie mit Hilfe der modernen Logik auf der Basis von Alltagserfahrung und einzelwissenschaftlicher Empirie. Mit der Ausschaltung der Demokratie in den 1930er Jahren fiel dieses kreative historische Phänomen der gewaltsamen Auflösung und Vertreibung anheim. Friedrich Stadler beleuchtet den Wiener Kreis als eine exemplarische Fallstudie für “Vertriebene Vernunft” und als ein Modell für eine heutige interdisziplinäre Wissenschaftskultur.