Veranstaltungen / Mi, 14.10.2009, 19:30

Wahrheit?
Programmbild Wahrheit?

Zweifel – Triebfeder oder Elend der Philosophie?

„Die Philosophie beginnt mit dem Staunen“, heißt es. Und dieses philosophische Staunen war von Anfang an verbunden mit dem Infragestellen, dem Hinterfragen, dem Bezweifeln der Selbstverständlichkeiten, der feststehenden, unverbrüchlichen „Wahrheiten“ einer Kultur und Lebensform. Mit Verlaub: Hat das wirklich was mit dem Zorn des Zeus zu tun, wenn’s draußen blitzt und donnert?

Bereits Platon bezweifelte grundsätzlich, dass die Welt so ist, wie wir sie wahrnehmen, hielt vielmehr die Wahrnehmungswelt für Täuschung und Schein (die Wachowski-Brothers nannten dies unlängst „Matrix“) und wollte raus aus dieser Höhle des Nichtwissens in das helle Licht der wahren Erkenntnis. (Weswegen ihn Nietzsche später genüsslich als Ahnvater aller „Hinterweltler“ verspottete.)

Ist die Erde tatsächlich der unbewegliche Mittelpunkt eines begrenzten Universums? Wissenschaftler wie Johannes Kepler und Giordano Bruno meldeten massive Zweifel an und brachten sich damit in Lebensgefahr – doch ihre Lehre überlebte und die Erde wurde zum beliebigen Staubkörnchen in einer beliebigen Galaxie unter beliebig vielen Galaxien in einem unvorstellbar großen Universum.

Ist der Mensch tatsächlich die Krone der Schöpfung, vom guten Gott erschaffen am sechsten Tage nach seinem Abbild? Mitnichten, befand Charles Darwin, und reihte den Menschen in die Ordnung der Primaten ein, nichts weiter als eine der zahllosen auf den Letztzweck „genetische Reproduktion“ programmierten Spielarten eines vollständig natürlich erklärbaren, Jahrmillionen währenden biologischen Evolutionsprozesses, der ganz und gar nicht abgeschlossen ist, sondern entwicklungsoffen.

Sind wir Menschen „Herr im eigenen Haus“, Subjekte unseres eigenen Lebens, ausgestattet mit der Fähigkeit zu vernünftiger Reflexion und einem freien Willen? Schon Freud hatte diesbezüglich seine Zweifel, und die moderne Gehirnforschung lässt vom hehren alten Menschenbild so gut wie gar nichts übrig, nimmt uns sogar „Seele“ und „Geist“.

Was können wir überhaupt wissen? Heißt „wissen“ nicht – wie es Emerson definierte – „wissen, dass wir nichts wissen können“? Und hat Charly Popper – Österreichs Ikone der Wissenschaftstheorie – das letzte Wort, wenn er seine berühmte „Logik der Forschung“ im Schlusssatz münden lässt: „All unser Wissen ist Vermutungswissen“? Aber ist dann nicht „Wissenschaft“ in der Tat ein irreführender Begriff, hochstaplerischer Etikettenschwindel?

Moment! Wenn all unser Wissen Vermutungswissen ist, gilt das dann nicht auch für dieses Wissen? Wenn wir aber nur vermuten können, dass all unser Wissen Vermutungswissen ist, heißt das dann nicht …

Halt, Stopp, Schluss!! Was soll dieses Denken in der Endlosschleife, dieses absurde Dahinrennen im Hamsterrad der skeptischen Reflexion, in dem es kein Ankommen gibt, keine Antworten, kein Ergebnis? Wieso nicht dem unbesiegbaren Zweifel ein Schnippchen schlagen, innehalten, aufhören zu zweifeln, zu suchen, zu streben und einfach – leben?

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Mi, 14.10.2009, 19:30
Vortragende/r: Thomas Mohrs
GastgeberIn: Georg Steker

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